Repräsentative Befragung: Investitionsbereitschaft im Mittelstand unter Pandemieniveau gesunken

  • Nur noch 68 Prozent der Firmen planen, in diesem Jahr zu investieren – vor rund einem Jahr waren es 73 Prozent, im Herbst 2021 sogar 76 Prozent.
  • Ausgebaut werden vor allem Investitionen, die zu Kostensenkungen führen wie Investitionen in die Energie- und Ressourceneffizienz (49 Prozent) oder in die Automatisierung von Prozessen (46 Prozent).
  • Zurückgefahren werden hingegen Innovationsprojekte: 13 Prozent der Firmen wollen ihre Ausgaben für das Innovationsmanagement („F&E“) senken, bei Produktinnovationen sind es 7 Prozent.
  • „Die Steuerpläne zur Verbesserung der Investitions- und Innovationsbedingungen kommen keinen Tag zu früh“, sagt Stephan Ortolf, Leiter Zentralbereich Firmenkunden der DZ BANK.

 

Der Investitionswille im Mittelstand ist gegenüber der Pandemie gesunken. Das zeigt eine repräsentative Sonderbefragung der DZ BANK von mehr als 1.000 Geschäftsführern und Entscheidern. Sie wurden gefragt, inwiefern sie ihre Investitionsvorhaben in diesem Jahr verändern werden. Zwar plant weiterhin ein größerer Teil der Unternehmen Investitionen ein – verstärkt werden dabei aber vor allem die Ausgaben bei Projekten, die kurzfristig die Kosten senken und die Effizienz erhöhen. Bei langfristigen Zukunftsprojekten wie dem betrieblichen Innovationsmanagement („F&E“) und Produktinnovationen soll künftig gespart werden.

Insgesamt wollen aktuell nur noch 68 Prozent der Mittelständler in diesem Jahr Geld für Investitionen in die Hand nehmen. Zum Vergleich: Im Frühjahr 2019 waren noch 78 Prozent der Firmen zu Investitionen bereit. Selbst im Herbst 2020 – zum Höhepunkt der Pandemie – gaben noch 69 Prozent der Unternehmen an, dass Investitionen geplant sind. Ein Jahr später waren es sogar 76 Prozent und im Frühjahr 2022 mit Beginn des russischen Angriffskriegs immerhin noch 73 Prozent. Insgesamt ist die Bereitschaft zu investieren in fast allen Branchen gefallen.  

„Das niedrige Investitionsniveau im Mittelstand ist ein alarmierendes Signal, denn die Unternehmen bilden den Kern der deutschen Wirtschaft und sind oft Bindeglied globaler Lieferketten“, sagt Stephan Ortolf, Leiter des Zentralbereichs Firmenkunden der DZ BANK. „Die Steuerpläne des Bundesfinanzministeriums zur Verbesserung der Investitions- und Innovationsbedingungen kommen keinen Tag zu früh und müssen nun schnell in die Realität umgesetzt werden, damit die Investitionsbereitschaft wieder an Fahrt aufnimmt.“

Kosten sparen top, Forschung und Innovationen flop

Die Investitionen ausbauen wollen die Firmen dabei vor allem bei besonders dringlichen Themen, die zu Entlastungen auf der Kostenseite führen. So geben beispielsweise 46 Prozent der Mittelständler an, mehr in die Automatisierung von Betriebsprozessen zu investieren. Außerdem wollen 37 Prozent mehr Geld in die Hand nehmen, um Prozesse im Unternehmen effizienter zu gestalten. Aber auch die Investitionen in das betriebliche Umweltmanagement spielen weiterhin eine große Rolle – knapp jedes zweite Unternehmen will hier die Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr erhöhen. „Auch beim Umweltmanagement sind unsere Kunden derzeit vor allem an Investitionen in beispielweise eine autarke Energiegewinnung oder einen energieeffizienten Gebäudeumbau interessiert, da sie zu Kostensenkungen führen dürften“, sagt Stephan Ortolf.

Jeder fünfte kleinere Mittelständler will im Innovationsmanagement sparen

Schlechter sieht es hingegen für klassische Innovationsprojekte aus. Rund 7 Prozent der Unternehmen werden künftig weniger Mittel in Produktinnovationen fließen lassen. Auch das betriebliche Innovationsmanagement („F&E“) rutscht auf der Prioritätenliste weiter nach unten: 13 Prozent der Firmen wollen ihr Investitionsvolumen reduzieren, unter den kleineren Unternehmen mit einem Umsatz von bis zu 5 Millionen Euro sogar fast jeder Fünfte. Auch die Bereitschaft, in Digitalisierung zu investieren, ist unter den Mittelständlern leicht zurückgegangen. 6 Prozent der Firmen geben an, die Ausgaben dafür einzudämmern, unter den kleinen Betrieben sogar jeder Zehnte.

„Dass die Investitionsbereitschaft im Mittelstand grundsätzlich da ist, zeigt, dass die Unternehmen auch in Krisenzeiten den Blick nach vorne gerichtet lassen“, sagt Stephan Ortolf. „Perspektivisch braucht es allerdings noch deutlich mehr Investitionen in Innovationsthemen, damit der Wirtschaftsstandort Deutschland nicht von unseren europäischen Nachbarn, den USA oder Südostasien abgehängt wird. Denn dort wird derzeit wesentlich stärker investiert.“

Fehlende Fachkräfte und steigende Kosten hemmen Investitionsbereitschaft

Viele Unternehmen würden der Befragung zufolge sogar mehr investieren, es hindern sie aber vor allem zwei Dinge daran: Fehlende Fachkräfte – sie sind für 58 Prozent der Firmen der Grund, nicht noch mehr Geld zu investieren – und die stark gestiegenen Kosten für Energie und Vorprodukte. Letztere sind für 56 Prozent der Mittelständler ein Hinderungsgrund. Besonders leiden ostdeutsche Mittelständler unter den hohen Kosten (65 Prozent). Bundesweit betrifft das in der Chemieindustrie, im Ernährungsgewerbe und im Agrarsektor sogar zwei von drei Unternehmen.

Der deutlichste Zuwachs bei den Investitionsausgaben zeigt sich beim Thema Mitarbeiterfortbildungen. Fast jedes zweite Unternehmen will dafür – auch als Antwort auf den Fachkräftemangel – die Ausgaben hochfahren, vor einem Jahr war das nur für rund jeden Dritten ein Thema.

Die Daten-Präsentation mitsamt allen Ergebnissen können Sie hier downloaden

 

Über die Sonderumfrage

Die Daten für die Sonderumfrage wurden in der Zeit vom 13. Februar bis 20. März 2023 über Telefon- und Onlineinterviews erhoben. An der repräsentativen Umfrage beteiligten sich mehr als 1.000 Inhaber und Geschäftsführer mittelständischer deutscher Unternehmen. 

Lisa Unbehaun